Ein Sommernachtstraum
Man muss kein Shakespeare-Fan sein, muß den „Sommernachtstraum“ nicht gelesen oder auf der Bühne erlebt haben, um seine Atmosphäre zu kennen oder den buntschillernden Gestalten daraus einmal begegnet zu sein. In Woody Allens „Midsummer Night’s Sex Comedy“ etwa, selbst schon ein ironisch-erotischer Klassiker, oder im Schauspiel „Der Park“ von Botho Strauß zeigt sich deutlich: für moderne New Yorker oder deutsche Bundesbürger hat ein Zauberwald, wo verschüttete Wünsche und Triebe zum Vorschein kommen dürfen, weiterhin seine Anziehungskraft…
Shakespeares Original, durch die Jahrhunderte aufs unterschiedlichste inszeniert als pompös romantisches Märchenspiel (1905 in Berlin gar mit Waldmeisterduft im Bühnenraum) oder artistische Schauspieler-Improvisation, mischt Liebes-Traum und Liebes-Wirklichkeit zu einem turbulenten Wirbel, wenn der Elfenkönig Oberon seinen Dienstkobold Puck beauftragt, per Zaubersaft die Vernunft außer Kraft zu setzen. Elfenkönigin Titania, mit der Oberon Streit hat, muß sich daraufhin in den eselsköpfigen Weber Zettel verlieben, der mit Handwerkerkollegen im Wald gerade ein Theaterstück probt.
Schlimmer noch sind die Auswirkungen auf zwei junge, gezierte Paare vom Hofe Athens, die sich ebenfalls in den Zauberwald verirrt haben: Puck verwechselt die Männer, und so begehrt Lysander, der eigentlich Hermia liebte, plötzlich Helena, und Demetrius, abtrünniger Liebhaber der Helena, dann aber Bräutigam der Hermia, wendet sich wieder Helena zu… bis Oberon den Gegenzauber findet.
Ein Virtuosenstück mit hohem Unterhaltungswert oder ein zynischer Traum von der Liebe als Narretei, wo Partner jederzeit austauschbar sind? Sicher ist, daß im Elfenwald eine Verwandlung geschieht: die Liebenden finden von floskelhaft-gestelzter zu souverän freier Sprache, auf deutsch erstmals nachempfunden und nachzuempfinden in Frank Günthers neuer Übersetzung.
Foto: Hasret Sahin
Regie | Matze Schmidt |