Wirtshaus an der Lahn I
Das Marburger Wirtshaus an der Lahn ist Legende. Über Jahrhunderte war der malerisch an der Lahn gelegene Fachwerkhof Treffpunkt für Fuhrleute, Soldaten, Studenten und Marburger Bürger. Nicht immer hatte das Wirtshaus einen bürgerlich-tadellosen Ruf und war den strengen Sittenwächtern der Universität zeitweise ein Dorn im Auge, verführte es nach deren Meinung die Studenten doch zu einem „Lotterleben“. 1970 wurde das Wirtshaus an der Lahn abgerissen und stattdessen ein Hochhaus errichtet, der sogenannte „Affenfelsen“ am Fuß der Adenauerbrücke. Mit dem Abriss 1970 setzt auch die Geschichte des Theaterstückes von Willi Schmidt ein, bei dem das Wirtshaus an der Lahn in der Marburger Waggonhalle zu neuem Leben erweckt wird.
Es ist spät in der Nacht. Vom Abriss steht noch eine kleine Fachwerkruine. Das Studentenpärchen Peter und Gisela hat sich hierher zurückgezogen. Der Mond leuchtet kupfernfarben und nimmt die beiden jungen Leute mit auf eine Zeitreise, aus der sie am Ende des 19. Jahrhunderts erwachen.
Das Wirtshaus an der Lahn wird von der Frau Wirtin und ihrer Schwägerin Elsbeth geleitet. Gerade werden wieder altbekannte Stammgäste erwartet: Fuhrleute, die auf ihrem Handelsweg Station in Marburg machen. Zunächst aber tritt der Universitätsprofessor Priesenitz und sein Gehilfe Justus auf den Plan. Er sieht die jugendliche Sittsamkeit seiner Studenten erschüttert, sogar von einem Hurenhaus ist die Rede und er will die Wirtin zur Rede stellen. Da treffen der Professor und Justus auf das schlafende Studentenpärchen und sehen bei deren Anblick ihre Befürchtungen bestätigt. Das Wirtshaus ist von Schließung bedroht und die Wirtin muss sich schleunigst etwas einfallen lassen, um den Professor zu besänftigen. Mit den Fuhrleuten kommen imposante Reisegeschichten, der gute Schnaps aus dem Vogelsberg und Musik in das Wirtshaus. Aber diesmal hat Hartmann, einer der Fuhrleute, noch etwas mitgebracht: eine verwahrloste, junge Frau namens Lene, die er in einem Waldstück an der Ohm gefunden hat.
Die Wirtin und Elsbeth nehmen sie auf, wie sie schon des öfteren Streuner und Vagabunden aufgenommen haben, die dann eine Zeitlang in Hof und Gaststube Arbeit fanden. Nach und nach, ganz allmählich im Laufe des Stückes, entfaltet sich Lenes dramatische Lebensgeschichte. Und mit ihrer Geschichte bekommen auch die harten Lebensbedingungen der einfachen Leute, der Tagelöhner, Knechte und Mägde ihren Raum.
Einige Jahrzehnte zuvor für deren Rechte eingetreten waren u. a. der Dichter Georg Büchner und der Pfarrer Weidig mit dem „Hessischen Landboten“, der auch in Marburg gedruckt worden sein soll; ebenso wie sich Büchner und Weidig auch im Wirtshaus an der Lahn aufgehalten haben sollen. Ein alter Druck vom „Hessischen Landboten“ wird gefunden und mit ihm macht sich der Soldat Karl zu einem politisch Verfolgten. Der Professor gibt ihn zur Jagd frei. Aber Karl findet Hilfe und Unterschlupf im Wirtshaus, die Fuhrleute verhelfen ihm zur Flucht. Auch eine Bauersfrau aus dem Ebsdorfergrund ist behilflich. Sie verkauft das berühmte Dreihäuser Steinzeug und hat einige Geschichten über das Leben in den Dörfern zu erzählen.
Aus dem Studentenpärchen der 1970er Jahre sind mittlerweile Max und Marie geworden. Die Frau Wirtin hat ihnen eine neue Identität gegeben und während Marie dies hinnimmt (Was ist Traum, was ist Wahrheit?), hadert Peter/Max mit seinem Schicksal.
Am Ende finden sich dann alle beim wilden Stelldichein in der Gaststube zusammen …
Weitere Infos und Inszenierungen vom „Theater-im-Grund“ http://theater-im-grund.grundblick.de
Schauspiel | Das Wirtshaus-Ensemble |
Musik | Die Lahntaler |
Regie | Matze Schmidt |
Text | Willi Schmidt |
Ausstattung | Daniela Vogt |
„Das Stück hat durchaus das Zeug zu einem Langzeiterfolg.“
(Oberhessische Presse)
„Ein buntes Sittengemälde der Universitätsstadt Marburg und der bäuerlichen Welt im vorindustriellen 19. Jahrhundert ist Willi Schmidt mit seinem Theaterstück „Wirtshaus an der Lahn“ gelungen.“
(Oberhessische Presse)
„ […] sorgt mit einem bestens aufgelegten Ensemble, vielen Spielideen und nicht zuletzt der mitreißenden Musik der Gruppe „Die Lahntaler“ […] für gute Unterhaltung.“
(Marburger Neue Zeitung)